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Eine Schlussviertelstunde zum Vergessen

Im letzten Spiel der Gruppenphase im EHF-Pokal unterliegt die TuS Metzingen beim Siófok KC in Ungarn mit 25:32 (11:13).
Spiele, in denen es um nichts mehr geht, müssen nicht zwingend schlecht sein. Fakt ist, dass sie aber auch über 60 Minuten gehen. So zu sehen gestern in Siófok, wo sich die TuS Metzingen für diese Saison aus dem EHF-Pokal verabschiedete – bei jener Mannschaft, die als Topfavorit gehandelt wird, zumindest schon einmal die Gruppe dominierte. Beide Teams konnten befreit aufspielen, haben dabei aber nicht alles richtig gemacht. Wie dem Endergebnis von 32:25 zu entnehmen ist, hat Siófok bedeutend mehr richtig gemacht. Dass die TuS in der 44. Minute noch mit 20:19 geführt hat, sollte in diesem Zusammenhang auch noch erwähnt werden.

Es sieht fürchterlich aus

TuS-Trainer André Fuhr ließ dies nicht unkommentiert, hatte aber nach elf Minuten, beim Stand von 5:3, schon etwas zu sagen. „In jedem Zweikampf kommt ihr zu spät, vorne ist keine Bewegung. Es sieht fürchterlich aus, was ihr spielt“, stauchte er seine Pink Ladies zusammen, die nach ansprechendem Beginn in ein Loch gerutscht waren. In dem blieben sie zunächst hängen. Nach dem 8:5, erzielt von Ungarns Kreisläuferin Katarina Jezic, vergaben Julia Behnke, Marlene Zapf und Monika Kobylinska aussichtsreiche Möglichkeiten. Überhaupt folgte eine torarme Zeit, weil auch die Gastgeber nicht immer zielorientiert arbeiteten. Isabell Roch hielt zudem bärenstark, stach ihr gute Gegenüber Denisa-Stefania Dedu im ersten Abschnitt noch aus. Metzingens Torhüterin haute elf Paraden raus, bei den TuS-Fehlwürfen war die Quote ähnlich hoch. „Zu Beginn haben wir gespielt wie in Zeitlupe“, blickte Fuhr noch einmal auf den Anfang zurück, der ihm gar nicht geschmeckt hat.

So verwunderte es kaum, dass nach dem 13:8 (26.), erzielt von der sehr umtriebigen Mireya Gonzales Alvarez, alles auf eine klare Sache für die Ungarinnen hindeutete. Zwei Treffer von Kelly Vollebregt, ein Siebenmeter von Shenia Minevskaja – und es sah beim Seitenwechsel (13:11) schon wieder bedeutend besser aus. Der Trend blieb positiv. 36 Minuten waren gespielt, und wieder Kelly Vollebregt hatte zum ersten Unentschieden seit langer Zeit getroffen (15:15). Damit nicht genug. Ein Minevskaja-Siebenmeter brachte die TusSies mit 18:17 in Front (41.). Es lief richtig gut – bis zum  19:20 (44.). Erneut war Kelly Vollebregt erfolgreich, die einen Großteil ihrer Möglichkeiten unterbrachte.

Nicht bei der Sache

Drei Minuten später war André Fuhr wieder in einer Auszeit zu vernehmen. „Ihr schenkt es einfach so her, seid nicht bei der Sache.“ Gefallen ist dieser Satz beim 23:20. Wie er das 27:20 (50.) kommentiert hat, ist nicht überliefert. Sechs technische Fehler in Serie gingen dem TuS-Coach mächtig gegen den Strich. Es ging gar nichts mehr bei der TuS, beziehungsweise es wurde alles falsch gemacht. Die zuvor aufmerksame Abwehr hatte den Betrieb eingestellt, der Aufbau war als solcher nicht mehr zu erkennen. Kurzum: Das Spiel war komplett durch. Am Ende durfte sich Siófok-Keeperin Dedu über 40 Prozent gehaltene Bälle freuen. Die TuS-Keeperinnen bekamen nicht mehr sehr viel zu fassen, weil sie in ihren Abwehrbemühungen schmählich alleingelassen wurden. Das 32:25 am Ende tat weh, obwohl es eigentlich um nichts mehr ging. Das heißt aber noch lange nicht, dass man einfach mal eine Viertelstunde früher Schluss macht.
„Wenn wir diese Phasen nicht abschaffen, werden wir noch viele Spiele verlieren. Das gemeinschaftliche Aufbäumen hat extrem gefehlt“, sagte Fuhr. Seine Spielerinnen müssten einen anderen Anspruch haben – auch in solchen Spielen. Dass bei Siófok etliche Stammkräfte geschont wurden, macht es nur noch schlimmer. Es stand beim Gegner also nicht die Weltauswahl auf der Platte, die man aus dem Hinspiel kannte. Und trotzdem gelang es den Ungarinnen, ihre Gäste zeitweise vorzuführen.
Das blieb auch den TuS-Spielerinnen nicht verborgen. „Wir haben viel zu viele einfache Fehler gemacht und die werden gegen so eine Mannschaft direkt bestraft. Siófok ist zu einfach zu Toren gekommen, da wir zu viele Zweikämpfe verloren haben. Wir konnten dadurch kaum unser Tempospiel aufziehen“, sagte Kelly Vollebregt.  Spielführerin Julia Behnke wurde deutlich: „Wir haben nicht das erfüllt, was wir uns vorgenommen haben. Zu viele technische Fehler haben wir gemacht und freie Chancen liegen lassen. In der Abwehr haben wir zu oft die direkten Zweikämpfe verloren, oder erst gar nicht angenommen. Die Einstellung muss schnell wieder anders werden.“

Siófok KC: Solberg, Dedu – Elghaoui (6), Böhme (7/3), Takacs, Aoustin, Jezic (3), Perianu (4), Nze Minko (5/1), Kobetic, Barkoczi, Wald, Khmyrova, Gonzalez Alvarez (7)
TuS Metzingen: Kohorst, Roch – Zapf (1), Kobylinska (6), Kovacs, Minevskaja (5/4), Harsfalvi (2), Weigel, Vollebregt (6), Haggerty, Beddies, Behnke (4), Korsos (1)
Siebenmeter: 5/4 (Nze Minko scheitert) – 4/4
Zeitstrafen: Jezic – Korsos
Schiedsrichter: Marija Ilieva, Silvana Karbeska (Mazedonien)
Zuschauer: 1150

Wolfgang Seitz
Sportredakteur der SWP