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20 Minuten sind 40 zu wenig

Die TuS Metzingen verliert das Bundesliga-Spitzenspiel beim Deutschen Meister Thüringer HC nach 14:12-Pausenführung mit 26:28.

Es bleibt dabei: Die TuS Metzingen kann beim Thüringer HC nicht gewinnen. Das 26:28 vom Mittwochabend schmerzt besonders, weil zu Beginn vieles für den Gast gesprochen hat, der dann aber in der zweiten Spielhälfte komplett die Linie verlor und damit folgerichtig auch das Spiel. In dem Maße, in dem die TuS nachließ, steigerte sich der Meister, dem im ersten Spieldrittel kaum etwas gelingen wollte.
Es waren 20 perfekte Minuten, die die TusSies beim Tabellenführer auf die Platte brachten. Alicia Stolle fehlte beim THC, Herbert Müller musste umstellen und hatte sich natürlich einiges überlegt im Spiel gegen den Tabellendritten. Das wollte aber gar nicht fruchten. Eine enge Beschattung für Monika Kobylinska, die Ex-Metzingerin Ina Großmann kümmerte sich um sie, wurde nach zehn Minuten wieder aufgegeben, weil die TuS jede Lücke fand. Isabell Roch hatte zunächst einen Sahnetag erwischt, schnappte sich eine Freie von Ina Großmann und einen Siebenmeter von Emily Bölk. So konnte der 4:6-Zwischenstand nach einem Treffer von Shenia Minevskaja nicht verwundern.

Tor leer, Pfosten hält

Es sollte aber noch weitaus besser werden. Wieder Minevskaja stellte per Siebenmeter auf 6:10 (15.). der THC agierte nun mit der siebten Feldspielerin – und die TuS versäumte es, daraus Kapital zu schlagen. Das Tor war leer, Metzingen hatte zwei Mal den Ball, traf zwei Mal den Pfosten, zudem blieb ein Harpunenversuch von Roch hängen. Der Thüringer HC robbte sich heran, konnte sich einmal mehr auf Emily Bölk verlassen, die im ersten Abschnitt fünf Mal traf. Sie wurde allerdings übertroffen von Shenia Minevskaja, die sechs Einschäge bejubelte, nach Bölks 12:12 (29.) per Strafwurf das 12:13 besorgte, ehe Julia Behnke auf Nummer sicher ging, und erst aus der Nahwurfdistanz das leere Tor anvisierte.
Das 12:14 zur Pause schmeichelte dem Tabellenführer fast ein bisschen, der freilich die anfängliche Konfusion abgelegt hatte. „Wir mussten von Plan A sofort auf Plan C schalten. Ansonsten hätten wir gegen diese Metzingerinnen  keine Chance gehabt“, sagte THC-Coach Herbert Müller.
Wir kennen den Plan C nicht im Detail, aber es kann kein schlechter sein. Wobei festzuhalten ist, dass er von der TuS Metzingen fleißig unterstützt wurde. „Wir haben in der ersten Viertelstunde nach dem Wechsel nicht mitgespielt, jeden Zweikampf verloren. In dieser Phase hat Thüringen das Spiel für sich entschieden, mit Leidenschaft und Kampfgeist“, sagte André Fuhr. Thüringens Abwehr stand meisterlich, ließ sich nicht mehr überrumpeln. Der TuS-Trainer hatte seine Mädels in der Halbzeit noch gewarnt: „Der THC wird den Hallenboden vom Beton kratzen, die werden alles geben.“ Alles gegeben haben sie – der Boden ist indes noch drin.

In der 37. Minute konnte Meike Schmelzer mit dem 17:16 die erste THC-Führung erzielen, nach der besagten Viertelstunde stand es 23:17. Nur ein paar Beispiele: Ein Siebenmeter von Shenia Minevskaja ging per Aufsetzer drüber, Marlene Zapf setzte einen an die Latte. Ina Großmanns Treffer zum 19:17 (40.) in doppelter Unterzahl war so etwas wie der Knackpunkt. Der THC, immer mit siebter Feldspielerin,  traf alles, die TuS lange kaum noch etwas. Erst in den letzten zehn Minuten, nach einer 25:19-Führung der Gastgeber, konnte man sich noch einmal zur Ergebniskosmetik aufmachen. sodass das finale 28:26 ganz manierlich aussah. Dort, wo die Minuspunkte stehen, taucht bei der TuS Metzingen nun eine Vier auf, Thüringen hat die Null stehen.
Was die TusSies natürlich mächtig ärgert. Julia Behnke: „Die erste Halbzeit war richtig gut. Wir haben mit viel Kampf und Engagement gespielt und verdient geführt. Dann sind wir ganz schwach aus der Kabine gekommen und hatten im Angriff keinen Zug zum Tor. In der Abwehr haben wir zu leichte Gegentore bekommen. Das ist eine bittere Niederlage.“ Monika Kobylinska zum Spiel: „Die Niederlage tut sehr weh. Wir haben in der ersten Hälfte gut gespielt. Nach der Pause sah es viel schlechter aus und gegen so ein gutes Team ist es schwer, wieder ins Spiel zu kommen.“
Beide Trainer hatten ein Spitzenspiel gesehen, wobei sich jedes Team partiell ausgeklinkt hat. Als es galt, stand nur noch der Thüringer HC parat. Wie sagte aber Herbert Müller. „Metzingen bleibt ein Titelfavorit.“ Sie werden vielleicht noch einer, wenn sie ihre Leistung über 60 Minuten konservieren können.

Thüringer HC: Zimmermann, Giegerich – Sazdovska, Mazzucco (3), Schmelzer (3), Bölk (7), Großmann (4), Müller, Jakubisova (4), Wohlbold (1), Redder, Huber (6/5)
TuS Metzingen: Kohorst, Roch – Zapf (3), Kobylinska (4/1), Kovacs (4/1), Minevskaja (8/4), Harsfalvi (3), Weigel, Vollebregt, Haggerty, Beddies, Behnke (3), Korsos (1)
Siebenmeter: 6/5 (Bölk scheitert) – 9/6 (Minevskaja, Zapf und Kobylinska scheitern)
Zeitstrafen: Bölk (2), Mazzucco (2), Huber (2) – Harsfalvi (2), Haggerty, Kobylinska
Schiedsrichter: Nils Blümel, Jörg Loppaschewski
Zuschauer: 1080

Wolfgang Seitz
Sportredakteur der SWP